09.04.2024
«Per Velo, zu Pferd oder per Fuhrwerk» – Tagebuch-Notizen (Teil 1/2)

Konkurrenzkampf zwischen den Installationsfirmen – Die Elektrifizierung der Baselbieter Dörfer nach der Jahrtausendwende lockte viele Installationsfirmen an. Zwischen der Elektra Baselland der Aarauer Kummler Matter AG kam es in der Folge zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit – wie dem Tagebuch Hermann Kummlers zu entnehmen ist.

«Schon bei der Acquisition der Gemeinden im Baselland für Stromlieferungs-Abschlüsse gönnte ich mir keine Ruhe bei Tag und Nacht, um die Konkurrenz mit der deutschen Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft-Berlin und mit der Elektra Sissach-Gelterkinden zu überholen.

Per Velo, zu Pferd beritten oder per Fuhrwerk galt, es in den Tagen der Vertragsabschlüsse mit den Gemeinden stets Fühlung zu nehmen, Vorträge zu halten über das Wesen der Elektrizität und über die Vorteile, die den Gemeinden durch die Erstellung der elektrischen Anlagen für Beleuchtung und Betrieb der Posamenter-Stühle erwachsen würden.

Der Kampf wurde immer intensiver, die Konkurrenz erlahmte, aber wir strengten uns noch mehr an, unser Möglichstes zu tun. Ich ritt oft mit Herrn J. Meyer, Mitglied der Direktion und des Verwaltungsrates der Elektra Baselland auf den beiden Rappen bis tief in die Nacht im Oberen Baselbiet herum, um möglichst überall zur Stelle zu sein und auch rechtzeitig über das Gebaren der Konkurrenz informiert zu sein.

An einem nicht gerade vom günstigen Wetter begünstigten Tage Mitte März 1905, aber der Not gehorchend, ritten Herr Direktor Buess und ich von Liestal weg über Hersberg-Wintersingen-Buus auf die Farnsburg. Wir wurden unterwegs von einem starken Gewitter mit Platzregen überrascht und so durchnetzt auf freiem Feld ohne Unterstandsmöglichkeiten, dass wir uns nichts daraus machten mit Ausnahme der kurzen Zwischenhalte in Wintersingen und Buus, wo wir mit Herren der Elektra Genossenschaften den feurigen, ausgezeichneten Landwein zu Gemüte führten, trotz ewigem Platzregen weiter zu reiten.

Auf der Farnsburg gönnten wir unseren Pferden und uns Reitern eine Mittagsrast. Wir entleerten unsere Stiefel, die bis zu den Knieen voll Wasser waren, natürlich erst, als wir richtige Reitersmannen zuerst für unsere Pferde gesorgt hatten und sie nach Absattlung durch den Pferdeknecht mit trockenem Stroh hatten abreiben lassen. Nach dem vorgelegten Heu wurden sie getränkt und bekamen ihre Haferrationen.

Dann erst erlaubten wir uns, unsere Magen zu stärken und mit einer Flasche «Besserem» Buusner Edelgewächs, für weiteres Tun zu entflammen. Der heisse Kaffee mit Baselbieter Kirsch und die mollige Wärme in der Gaststube hatten uns ganz retabliert. Wir machten uns auf den Weg über Hemmikon nach Ormalingen, wo wir mit Herrn Lehrer Rudin, Aktuar der Elektra Ormalingen, und mit Herrn H. Spiess-Dettwiler, Präsident der Elektra, noch lange zusammensassen.

Wir kamen in Liestal nachts gut an. Ich hatte das Vergnügen, in den noch immer nassen und im eingedrungenen Wasser quatschenden Stiefeln per Bahn nach Aarau zu fahren in einem Zuge, der auch in Sommerau anhielt und nicht über allzu grosse Schnelligkeit verfügte. Herr Buess und ich waren trotz der Wassertaufe nach Pfarrer Kneipps Methode stets bei bester Stimmung, was wohl auf unsere guten Beziehungen mit den unterwegs angetroffenen Elektra Genossenschafter zurückzuführen war oder vielleicht auch auf den nicht sehr spärlichen Genuss von den edlen Buusner Tropfen.» (Ende Teil 1)